Ökologie, Ökonomie und Ethik: Zusammenhang, Unterschied, Interessenkonflikt
In welchem Zusammenhang stehen Ökologie, Ökonomie und Ethik? Welche Unterschiede und gegenseitige Abhängigkeiten gibt es? Welcher Interessenkonflikt ergibt sich bei der Bewältigung der Umweltkrise?
INHALT
Definition: Was versteht man unter Ökonomie?
Der Begriff „Ökonomie“, abgeleitet aus dem Altgriechischen (oikos = Haus und nomos = Gesetz), wird im deutschsprachigen Raum im Wesentlichen in zwei Bedeutungen verwendet:
1. Als Bezeichnung für das wissenschaftliche Studienfach, das an Universitäten gleichbedeutend mit dem Begriff „Wirtschaftswissenschaft“ angeboten wird.
2. Als Bezeichnung für das Wirtschaftsgeschehen in einem Gebiet, an dem Unternehmen, private Haushalte und öffentliche Haushalte durch ihre Handlungen beteiligt sind. Dies umfasst beispielsweise den Kauf, den Verkauf und die Herstellung von materiellen Gütern oder immateriellen Gütern wie Dienstleistungen und Rechten.
Begriffserklärung von Wirtschaftswissenschaft
Die Wirtschaftswissenschaft ist eine Sozialwissenschaft und umfasst als Teilgebiete die Volkswirtschaftslehre (VWL), auch Nationalökonomie genannt, und die Betriebswirtschaftslehre (BWL).
Der Begriff „Wirtschaftswissenschaft“ oder „Ökonomie (englisch: economy)“ kann anhand einer Definition aus einem Standardwerk der Volkswirtschaftslehre erklärt werden.
In diesem 1948 erschienenen und bis heute regelmäßig aktualisierten Nachschlagewerk erläutert der US-amerikanische Ökonom Paul Anthony Samuelson (1915–2009) die Definition des Begriffs „Volkswirtschaft“, auf die sich Ökonomen heute geeinigt haben:
Paul Anthony Samuelson
„Volkswirtschaftslehre ist die Analyse der Entscheidungen der Gesellschaft und ihrer Mitglieder, wie knappe Produktionsmittel mit alternativer Verwendbarkeit – sei es mit oder ohne Hilfe von Geld – für die Produktion verschiedener Güter verwendet werden und wie diese Güter für den gegenwärtigen und zukünftigen Konsum der einzelnen Individuen und Gesellschaftsgruppen verteilt werden.“ [1]
(Paul Anthony Samuelson, 1915–2009, US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und Träger des Alfred-Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaftswissenschaften 1970)
Dieser Begriffserklärung zur Folge analysiert die
Betriebswirtschaftslehre Entscheidungen über die Verwendung knapper
Produktionsmittel mit
alternativer Verwendbarkeit aus der Perspektive eines einzelnen
Betriebes beziehungsweise Unternehmens.
Darüber hinaus beschäftigt sich die Betriebswirtschaftslehre eingehend mit betrieblichen Funktionen wie der Beschaffung von Material oder Waren und Arbeitskräften, der Produktion von Gütern und Dienstleistungen, der Finanzierung, dem Vertrieb, dem Marketing oder der Unternehmensleitung.
Ethische Neutralität des ökonomischen Prinzips
Paul Anthony Samuelson definierte die Ökonomie als ethisch neutral. Sie bestimmt weder, welche Bedürfnisse in welchem Umfang anzustreben sind, noch beinhaltet sie ein bestimmtes Welt- oder Menschenbild.
Wenn beispielsweise die gegenwärtige Bevölkerung eines Landes bereit ist, im Interesse zukünftiger Generationen auf den Konsum bestimmter Güter und Wachstum zu verzichten, kann die Ökonomie zeigen, wie dieses Opfer erbracht werden kann.[2]
Die Ökonomie als Wissenschaft gibt keine Auskunft über höhere Ziele des menschlichen Daseins jenseits von Bedürfnisbefriedigung, Gier und Neid.[3]
Das ökonomische Prinzip, auch bekannt als Wirtschaftlichkeitsprinzip, ist ethisch neutral und besagt, dass man mit einem gegebenen Aufwand den größtmöglichen Ertrag erzielen oder für einen gegebenen Ertrag den geringstmöglichen Aufwand einsetzen sollte.[4]
Die Ökonomie befasst sich nicht mit den Gründen für die Verfolgung bestimmter Ziele, sondern geht lediglich davon aus, dass diese verfolgt werden. Bedürfnisse werden wertfrei betrachtet.
Sie enthält sich ethischer Beurteilungen, untersucht das Verhalten von Wirtschaftsteilnehmern, die rational ihren Nutzen oder ihren Gewinn maximieren wollen und konzentriert sich auf die optimale Nutzung vorhandener knapper Ressourcen für die Güterproduktion.
In diesem Zusammenhang ist die Gewinnerzielung nicht nur ethisch vertretbar, sondern auch für das wirtschaftliche Überleben von Unternehmen unerlässlich.
Erst die Art und Weise, wie Gewinn erwirtschaftet und verwendet wird, kann Gegenstand ethischer Analysen sein. Dies wird in der Wirtschaftsethik und ihren Teilgebieten, der Konsumentenethik und der Unternehmensethik, untersucht.
Bedeutung freier und knapper Güter
Freie und knappe Güter spielen eine zentrale Rolle in der Ökonomie. Doch welche Bedeutung haben diese Begriffe und was unterscheidet sie voneinander?
Freie Güter sind Naturgüter, die in unterschiedlicher Menge und Qualität kostenlos und ohne Gegenleistung in der Natur zur Verfügung stehen.
Beispiele hierfür sind unter anderem Erde, Luft, Regen, Sand, Schnee, Sonne, Steine, Wasser oder Wind.
Auch öffentliche Grundstücke, Gewässer, Gebirge, Landschaften, Ökosysteme, Wälder, Wüsten oder die nicht auf Züchtung beruhende Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren zählen zu den freien Gütern.
Knappe Güter, auch wirtschaftliche Güter genannt, stehen nicht zur kostenlosen Befriedigung eines Bedürfnisses zur Verfügung. Sie werden auf Märkten gehandelt, wo sich ein Marktpreis für sie bildet.
Knappe Güter können materielle Güter und immaterielle Güter wie Dienstleistungen und Rechte umfassen.
Da erst durch Knappheit wirtschaftliches Handeln notwendig wird, untersucht die Ökonomie in erster Linie den möglichst effizienten Umgang mit knappen Gütern, um ein Bedürfnis zu befriedigen oder ein Ziel zu erreichen.
Die Ökonomie stellt Instrumente bereit, die dabei helfen, die Verschwendung knapper Güter zu vermeiden.
„Güter sind wirtschaftlich knapp, weil es nur begrenzte Mengen menschlicher und sachlicher Produktionsmittel gibt, mit deren Hilfe in Verbindung mit dem besten verfügbaren technischen Wissen auch nur begrenzte Mengen von jedem Gut hergestellt werden können.“ [5]
(Paul Anthony Samuelson, 1915–2009, US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler)
Der freie Markt als der Ort, an dem knappe Güter gehandelt werden, stellt die effizientesten Mittel zur
Verfügung, um einen Interessenausgleich zwischen Verkäufern
und Käufern zu erreichen.[6]
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der Bedeutung der Begriffe „Effizienz“ und „Effektivität“.
Effizienz bedeutet, „die Dinge richtig zu tun“. Effektivität hingegen bedeutet, „die richtigen Dinge zu tun“.
Daher bedeutet ein ökonomisch vernünftiger Umgang mit knappen Gütern, zuerst die Effektivität und anschließend die Effizienz einer Handlung zu beurteilen. Die Reihenfolge sollte nicht umgekehrt werden.
Einfluss auf die gegenwärtige Naturzerstörung
Die Frage, welchen Einfluss die Ökonomie auf die gegenwärtige Naturzerstörung hat, lässt sich wie folgt beantworten: Die Ökonomie kann zwar die Befriedigung von Bedürfnissen unterstützen, die der Natur schaden, doch sie kann sie auch die Befriedigung von Bedürfnissen unterstützen, die die Natur schützen.
Wie bereits erwähnt, ist das Gewinnstreben in der Ökonomie wertneutral, da es nichts darüber aussagt, wie ein Gewinn erzielt oder verwendet werden soll.
Gewinne können sowohl sozialen als auch ökologischen Zwecken dienen. Wäre der Schutz einer gesunden Natur das höchste Bedürfnis der Menschen, was spräche dagegen, dieses Ziel zu maximieren? [7]
Die Frage, ob Bedürfnisse ökologisch oder ethisch zu rechtfertigen sind, ist nicht Gegenstand der Ökonomie. Diese Fragen fallen in den wissenschaftlichen Zuständigkeitsbereich der Ökologie und der Philosophie (Ethik).
Interessenkonflikt zwischen Gewinnmaximierung und Nachhaltigkeit
Die Nutzung freier Naturgüter kann durch den Einsatz ökonomischer Instrumente zu einem Interessenkonflikt zwischen Gewinnmaximierung und Nachhaltigkeit führen.
Dies liegt an zwei Regelungslücken in der freien Marktwirtschaft:
Erstens sind viele Naturgüter frei verfügbar, weswegen für ihre Nutzung keine Marktpreise zu entrichten sind. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Nutzung der Weltmeere.
Zweitens fehlen ethische Verhaltensnormen, die die Grenzen der Gewinn- und Nutzenmaximierung im Verhältnis zum Naturschutz definieren.
Die Frage, wie diese Regelungslücken mit staatlichen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft geschlossen werden können, ist kein Forschungsgebiet der Wirtschaftswissenschaften.
Das Aufzeigen ökologischer Grenzen der Nutzung freier Naturgüter ist ein Forschungsgebiet der Ökologie, während die Entwicklung ethischer Verhaltensnormen in das Forschungsgebiet der Ethik, einem Teilbereich der Philosophie, fällt.
Solange wirtschaftliche Rahmenbedingungen die Marktprozesse nicht naturfreundlich ausrichten, liegt im Bereich des Naturschutzes Marktversagen vor.
Infolgedessen können Wirtschaftsteilnehmer alle Möglichkeiten zur Nutzung freier Naturgüter ausschöpfen, um ihren Gewinn oder Nutzen zu maximieren oder mit Wettbewerbern mithalten zu können, die die Nutzungsmöglichkeiten freier Naturgüter weitestgehend ausschöpfen.
Ein vergleichbares Marktversagen bestand bis zu den Sozialreformen des 19. Jahrhunderts im Bereich der sozialen Gerechtigkeit, dem durch die soziale Marktwirtschaft Rechnung getragen wurde.
Definition: Was versteht man unter dem Begriff „Ökologie“?
Die Ökologie, ein Teilgebiet der Biologie, ist eine Wissenschaft, die die Wechselbeziehungen zwischen Lebewesen (Organismen) und zwischen der belebten und unbelebten Umwelt untersucht.[8]
Der Begriff „Ökologie“ leitet sich von den griechischen Wörtern „oikos“ (Haus oder Lebensraum) und „logos“ (Wort oder Wissenschaft) ab.[8]
Der Begriff „Lebewesen“ umfasst sowohl Lebewesen mit Zellkern wie Menschen, Tiere, Pflanzen, Pilze oder Algen, als auch Lebewesen ohne Zellkern wie Archaeen oder Bakterien.
Das Forschungsgebiet der Ökologie kann die Auswirkungen der Produktion und des Konsums von Gütern auf die Natur erläutern. Und sie kann erläutern, unter welchen Bedingungen die Natur erhalten werden kann.
Definition: Was ist mit dem Begriff „Ethik“ gemeint?
Die Ethik, seit Aristoteles eine eigenständige philosophische Disziplin, ist von der Idee eines sinnvollen menschlichen Lebens geleitet und sucht nach allgemein gültigen Aussagen über das gute und gerechte Handeln.[9]
Einfach erklärt beschäftigt sich die Ethik als Wissenschaft mit folgenden Fragen:
-
Wie sollen Menschen in bestimmten Situationen „richtig“ oder „gerecht“ handeln?
-
An welchen Werten soll sich der freie Wille der Menschen orientieren?
-
Was ist das „höchste Gut“, das es zu erstreben gilt?
Das deutsche Wort „Ethik“ stammt von den griechischen Wörtern
„ethike“/„episteme“ (das Sittliche) und „ethos“ (Charakter, Sinnesart)
ab.[10]
Ausgangspunkt der Ethik ist die Fähigkeit der Menschen, zwischen gut und böse zu unterscheiden und Handlungsalternativen zu bewerten.
Diese Fähigkeit unterscheidet die Menschen von den Tieren, die überwiegend nach ihren Instinkten handeln.
Ob und inwieweit sich daraus die Pflicht der Menschen zu „gutem, gerechtem und sinnvollem“ Handeln ableiten lässt, darüber bestehen von jeher unterschiedliche Ansichten.
Die Ethik möchte dem Handeln der Menschen Grenzen setzen, damit sie nicht alles tun, was sie tun könnten. Oder anders ausgedrückt: Nicht alles, was machbar ist, darf gemacht werden.
Themen einer im praktischen Leben angewandten Ethik finden sich beispielsweise im Bereich der Wirtschaftsethik mit ihren Unterdisziplinen Konsumentenethik und Unternehmensethik.
Die Konsumentenethik befasst sich mit freiwilligen Entscheidungen von Konsumenten, die über gesetzliche Vorschriften hinausgehen, um beispielsweise beim Einkauf und Konsum von Gütern Belange des Naturschutzes, des Tierschutzes oder der sozialen Gerechtigkeit zu berücksichtigen.
Die Unternehmensethik hingegen befasst sich mit freiwilligen Entscheidungen von Unternehmen, die über gesetzliche Vorschriften hinausgehen, um beispielsweise bei der Entwicklung, Herstellung und dem Transport von Gütern Belange des Naturschutzes, des Tierschutzes oder der sozialen Gerechtigkeit zu berücksichtigen.
Einfach ausgedrückt, untersucht die Wirtschaftsethik, was im Bereich der Wirtschaft getan werden sollte.
Weitere Beispiele für angewandte Ethik sind die Bioethik, Datenethik, Dritte-Welt-Ethik, Gen-Ethik, Medienethik, Medizinethik, Militärethik, Rechtsethik, Sozialethik, Technikethik, Tierethik, Umweltethik, Verwaltungsethik, Wissenschaftsethik oder Zukunftsethik (im Sinne von nachfolgenden Generationen).
Diese Aufzählung möglicher Ethik-Bereiche zeigt, dass es letztlich keine endgültige Ethik geben kann.
Die Ethik muss sich kontinuierlich weiterentwickeln, um den sich ständig ändernden Bedingungen gerecht zu werden. So haben sich beispielsweise mit dem Aufkommen neuer Technologien immer neue Ethikformen wie Datenethik oder Gen-Ethik herausgebildet, die früher nicht existierten.
In welchem Verhältnis stehen Ethik, Ökologie und Ökonomie zueinander?
Die Ethik fungiert als Bindeglied zwischen Ökonomie und Ökologie und weist darauf hin, dass die Menschheit nicht alle ihre technischen und ökonomischen Möglichkeiten ausschöpfen sollte.
Im Allgemeinen kann die Ethik mit ihrer Teildisziplin der Wirtschaftsethik Auskunft darüber geben, welche Bedürfnisse von Unternehmen und Konsumenten und des Staates in der Wirtschaft ethisch vertretbar sind.
Der Staat nimmt in der Wirtschaft stets eine Doppelrolle ein: Einmal ist er Anbieter und einmal ist er Nachfrager von Gütern und damit fungiert er als Konsument und Unternehmer.
Sowohl die Ethik als auch die Ökonomie (Wirtschaftswissenschaft)
können Impulse zur Korrektur der durch menschliches Wirtschaften
verursachten Fehlentwicklungen liefern, die die Ökologie festgestellt
hat:
-
Die Ethik stellt mit ihrer Teildisziplin der Umweltethik Entscheidungskriterien für Konsumenten, Unternehmen und den Staat in Situationen zur Verfügung, in denen die Interessen von Tieren, Pflanzen oder der Natur gegenüber menschlichen Interessen abgewogen werden müssen.[11]
-
Die Ökonomie stellt mit ihrer Teildisziplin der Umweltökonomie dem Staat ökonomische Instrumente zur Verfügung, um ökologische Rahmenbedingungen für die Wirtschaft festzulegen. Diese Instrumente können eine effizientere Verteilung knapper und freier Naturgüter ermöglichen oder über den Preismechanismus ökologische Folgeschäden verringern oder sogar verhindern.
Gegenseitige Abhängigkeiten im Spannungsverhältnis
Im Spannungsverhältnis zwischen Ökologie, Ethik und Ökonomie ist die Frage, welche der drei Disziplinen die größere Bedeutung hat, wenig zielführend.
Analog dazu ließe sich auch die Frage stellen, welches Stuhlbein an einem dreibeinigen Stuhl das wichtigere ist. Die drei Disziplinen stehen in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis zueinander.
Die Ökonomie bildet das Fundament eines effektiv funktionierenden Wirtschaftssystems. Ohne ein solches rücken ethische und ökologische Fragen in den Hintergrund aus zwei Gründen:
Erstens führen ineffektive Wirtschaftssysteme zu einer unzureichenden Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrung, Wasser, Energie, Verkehr, Medizin, Gesundheitswesen, Bildung, Fürsorge und sozialer Sicherheit. In solchen Situationen rücken Überlebensfragen in den Vordergrund.
Zweitens lassen sich Naturschutz und Umweltschutz mit einem ineffektiven Wirtschaftssystem nicht finanzieren, da sie mit Kosten verbunden sind.
Wie die Erfahrungen in Wirtschaftssystemen mit ineffektiver Planwirtschaft, insbesondere der ehemaligen DDR und Sowjetunion, gezeigt haben, waren Umweltschutz und Naturschutz dort kaum existent.
Die Ökonomie ist daher essenziell wichtig, um ein funktionierenden Wirtschaftssystem zu gewährleisten.
Im gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis von Ökologie, Ökonomie und Ethik ist die Ökonomie auf Erkenntnisse der Ethik und Ökologie angewiesen.
Die Ökologie befasst sich mit dem langfristigen Erhalt von regionalen, nationalen und internationalen Naturressourcen und sichert so die Produktionsgrundlagen der Ökonomie.
Die Ethik setzt der Ökonomie Grenzen und gibt ihr Handlungsrichtlinien vor. Ohne deren Beachtung kann die Anwendung ökonomischer Instrumente zur ökologischen Selbstvernichtung der Menschheit führen.
Idealerweise bietet die Ethik Orientierungshilfe bei der Gewichtung menschlicher Bedürfnisse, um wirtschaftliche Rahmenbedingungen unter ökologischen Gesichtspunkten festlegen zu können.
Die Ökonomie stellt dazu die Instrumente bereit, um diese Bedürfnisse effektiv und effizient innerhalb der durch die Ethik und Ökologie vorgegebenen Bedingungen zu befriedigen.
Damit kann Umweltethik an der Schnittstelle zwischen Ökologie und Ökonomie auch als Mittel gegen Marktversagen im Bereich des Naturschutzes verstanden werden, um die negativen Auswirkungen des uneingeschränkten ökonomischen Prinzips auf die Natur zu begrenzen.
Es scheint, dass die Menschheit mit der Ökonomie ein Werkzeug zur Steigerung der Effizienz erhalten hat, das sie (noch) nicht verantwortungsvoll zum Wohle der Natur einsetzen kann.
In diesem Spannungsverhältnis ist es Aufgabe der Ethik und Ökologie, Kriterien für Rahmenbedingungen der Wirtschaft zu entwickeln, innerhalb derer die Ökonomie im Sinne des Naturschutzes wirken kann.
Globalisierung und Naturschutz
Naturschutzprobleme wie die Verschmutzung der Weltmeere oder das Artensterben sind grenzüberschreitend und lassen sich im Zuge der Globalisierung nicht im nationalen Alleingang lösen.[12]
Ein Beispiel dafür ist der Abfallbereich, in dem strenge nationale Naturschutzstandards international unterlaufen werden können, wie Müllexporte in Entwicklungsländer der Dritten Welt gezeigt haben.
In einem globalisierten Wirtschaftswettbewerb besitzt ein Land mit strengeren Naturschutzstandards einen Wettbewerbsnachteil gegenüber einem Land mit geringeren Naturschutzstandards.
Es existieren noch keine global einheitlichen Naturschutzregelungen. Um ökologisch bedingte Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, sind jedoch weltweit einheitliche Vereinbarungen notwendig.
Ein nationaler Alleingang eines Landes birgt aufgrund der Globalisierung die Gefahr, dass Unternehmen Teile ihrer Produktion in Länder mit geringeren Naturschutzstandards verlegen, um Kosten zu senken und günstiger produzieren zu können.
Selbstverpflichtungen von Unternehmen stoßen in diesem Fall schnell an ihre Grenzen, da Wettbewerber aufgrund geringerer Umweltstandards günstiger produzieren und Wettbewerbsvorteile erzielen können.
Wenn Naturverschmutzung nicht weltweit spürbar teurer wird, besteht die Gefahr von Umweltdumping.
Dies bedeutet, dass Produkte, deren Herstellung größere Umweltschäden verursacht hat, Produkte vom Markt verdrängen, deren Herstellung geringere Umweltschäden verursacht hat.
Wer allein auf die Freiwilligkeit von Unternehmen im Bereich des Umweltschutzes setzt, verkennt möglicherweise die ökonomischen Sachzwänge, denen ein Unternehmen im Wettbewerb ausgesetzt sein kann.
Angenommen, ein Unternehmen setzt bereits über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus besonders umweltfreundliche Produktionsverfahren ein, wie beispielsweise eine kostenintensive Abwasserreinigung.
Oder angenommen, ein Unternehmen bietet besonders natur- und umweltfreundliche Produkte an und nimmt dafür sogar potentielle Vermarktungsprobleme in Kauf.[13]
Sollte dieses Unternehmen unerwartet hohe Umsatzeinbußen verzeichnen, könnte die Unternehmensleitung vor folgendem Interessenkonflikt zwischen Ökonomie und Ökologie stehen:
Entweder sie entlässt Arbeitnehmer oder sie verzichtet im Umweltmanagement auf die freiwillige Reinigung von Abwässern und damit auf Nachhaltigkeit im Sinne des Naturschutzes.
Die Entscheidung, die letztlich getroffen wird, liegt auf der Hand: Wenn Arbeitsplätze betroffen sind, müssen Belange des Naturschutzes oft zurückstehen – nicht zuletzt unter dem Druck der Öffentlichkeit.[14]
Damit die Bewältigung der weltweiten Naturkrise im Zuge der Globalisierung nicht im Ansatz stecken bleibt, bedarf es weltweiter Naturschutzstandards, deren Einhaltung mittels wirksamer Sanktionen durchsetzbar ist.
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Literaturangaben und Anmerkungen:
[1] Samuelson, Paul Anthony (1981): Volkswirtschaftslehre, Band 1, 7. Auflage, Bund-Verlag, Köln, S. 17.
[2] Samuelson, Paul Anthony (1981): Volkswirtschaftslehre, Band 2, 7. Auflage, Bund-Verlag, Köln, S. 530.
[3] v. Weizsäcker, Ulrich Ernst/ Lovins, Amory B./Lovins, L. Hunter (1996): Faktor vier, doppelter Wohlstand, halbierter Naturverbrauch, der neue Bericht an den Club of Rome, München, S. 333.
[4] Humboldt-Wirtschafts-Lexikon (1992), Humboldt-Taschenbuchverlag Jacobi KG, München, S. 285.
[5] Samuelson, Paul Anthony (1981): Volkswirtschaftslehre, Band 1, 7. Auflage, Bund-Verlag, Köln, S. 40.
[6] Schmidheiny, Stephan, mit dem Business Council for Sustainable Development (1992): Kurswechsel – Globale unternehmerische Perspektiven für Entwicklung und Umwelt, München, S. 46.
[7] Es ist im Vorfeld zu klären, was genau unter einer gesunden Natur zu verstehen ist, um Interessenkonflikte zwischen Ökonomie und Naturschutz zu vermeiden.
[8] Vergleiche dazu die Definition des Begriffes „Ökologie“ im Humboldt-Wirtschafts-Lexikon (1992), München, S. 284.
[9] Höffe, Otfried (1992), Lexikon der Ethik, 4. Aufl., München, S. 62.
[10] Liddell, Henry George/Scott, Robert (1996): A Greek-English Lexicon, 9. Auflage, S. 480, S. 766.
[11] Die Umweltethik kann abhängig vom Umfang der Rechte, die nichtmenschlichen Lebewesen oder der unbelebten Natur zugesprochen werden, in vier Grundpositionen unterteilt werden: Anthropozentrik, Pathozentrik, Biozentrik und Holistik. Alle drei Umweltethiken jenseits der Anthropozentrik können gleichermaßen mit Problemen der Güterabwägung verbunden sein.
[12] Unter Globalisierung versteht man als allgemein den Prozess der zunehmenden internationalen Verflechtungen in allen Bereichen der Wirtschaft. Die Definition von Globalisierung kann auch auf internationale Verflechtungen der Politik, der Kultur oder der Kommunikation ausgeweitet werden.
[13] Als praktisches Beispiel einer ökologisch orientierten Unternehmensethik eignen sich das Engagement der Steilmann-Gruppe oder Fallbeispiele von Unternehmen im ökologisch orientierten Unternehmerverband Future in der Bundesrepublik Deutschland.
[14] Ähnlich wäre die Situation in Unternehmen, deren freiwilliges Engagement über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus im Bereich des Verbraucherschutzes gegen den Erhalt von Arbeitsplätzen abzuwägen wäre.
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